sächs. Infanteriegewehre

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  • Da Capo
    Erfahrener Benutzer
    Adjudant
    • 23.10.2006
    • 827

    sächs. Infanteriegewehre

    Nach Vollmer Militärhandfeuerwaffen Band 2 ging der Vertrag mit dem Wiener Gewehrhändler Calnot über die Lieferung von 20.000 gebrauchten (reparierte und aufgearbeitete „Schlachtfeldfunde“ österreichischer und französischer Herkunft, geliefert Mai 1811) und 12.500 neue Gewehre österreichischer Facon (geliefert Juni 1811). Weitere Lieferungen erfolgten im September und Oktober 1811, ohne dass man bisher Kenntnis von Inhalt und Umfang dieser beiden Lieferungen hat.
    Nach Vollmer trat Sachsen mit diesen Lieferungen in die Reihe der Nationen mit frz. Kaliber (17,5) ein.
    Nach Schön (der auch auf den Tafeln ein sehr österreichisch aussehendes Gewehr zeigt) war jedoch das Kaliber der Wiener Gewehre 16,5, was wiederum dem der so genannten Neusuhler Gewehre (M1807 oder 1808, die Standardwaffe der leichten Infanterie) entsprach. Damit müssten unter den Gewehren Wiener Facon die neu gefertigten Gewehre zu verstehen sein.
    Den Thierbach habe ich leider nicht, so dass ich dessen Ausführungen nicht kenne.
    Bezüglich der Munitionsversorgung im Feldzug von 1812 erscheint mir ein einheitliches Kaliber als eine Voraussetzung, um diese Versorgung mit vertretbarem Aufwand überhaupt sicherstellen zu können.
    Habt Ihr irgendwelche Quellen oder Meinungen zu diesem Thema?
    Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.
  • Gunter
    Erfahrener Benutzer
    Chef de Bataillon
    • 01.10.2006
    • 1377

    #2
    Was ist denn ein "vertretbarer Aufwand"? Die Zeitgenossen waren wohl der Meinung, dass ein einheitliches Kaliber keine so zwingende Voraussetzung für einen Feldzug ist. Schaut man auf die Artillerie von 1812, dann war das jedenfalls nicht so. Man schleppte für die Regimentsartillerie Munition zusätzlicher Kaliber mit, die von der normalen Feldartillerie nicht mehr verwendet wurden.
    Wäre ein Vereinheitlichung der Handfeuerwaffenkaliber die Voraussetzung zum Führen eines Feldzuges, dann hätte die russische Armee z.B. garnicht erst ausrücken können und die opierierte schließlich auf eigenem Boden. Man löste das Problem einfach auf dezentrale Weise. Deshalb eine Gegenfrage: Wo und von wem wurden in der sächsischen Armee eigentlich die Patronen hergestellt?

    Grüße

    Gunter

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    • Da Capo
      Erfahrener Benutzer
      Adjudant
      • 23.10.2006
      • 827

      #3
      Ich möchte hier gern über das Thema Kaliber der Gewehre Wiener Facon diskutieren.
      Insofern das Thema Munitionsherstellung interessant ist, kann sicher ein neues Thema aufgemacht werden.
      Die Artillerie sollte auch außen vor bleiben, weil a) diese spätestens seit Einführung der aus Kanonen und Haubitzen gemischten Batterien mindestens für 2 Kaliber Munition mitschleppen musste (auch führte jedes Kaliber mehrere Munitionssorten) und b) hätten die Sachsen im 1812er Feldzug so oder so mindestens drei Artillerie-Kaliber mitnehmen müssen, da die neu gegossenen 6-Pfünder nur für 6 Batterien reichten und dadurch die festgelegte Zahl von 56 Geschützen nicht zu erreichen war.
      Da die russische Armee praktisch „zu Hause“ Krieg führte, konnte sie auf die Depots und Magazine zurückgreifen, die Sachsen mussten die Depots erst in Glogau, Bialystok etc. anlegen und befüllen.
      Um zum Thema zurückzukommen: Wenn die leichte Infanterie Kal. 16,5 und die Linie Kal. 17,5 geführt hätte, wäre eine Ergänzung der Linie aus Beständen der Leichten wohl möglich, die naturgemäß mehr Munition verbrauchende Leichte hätte aber dann keine Möglichkeit gehabt, sich aus den Munitionswagen der Linie zu ergänzen. Dies erscheint mir bei der im Vergleich zur franz. oder russ. Armee geringen Truppenzahl wenig sinnvoll.
      Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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      • Gunter
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 01.10.2006
        • 1377

        #4
        Wie du das oben schreibst, war die Linie aber möglicherweise doch teilweise mit Musketen desselben Kalibers ausgerüstet. Kann es sein, dass die gebrauchten Waffen überwiegend als 2. Garnitur ins Arsenal wanderte? Die neuen dürften doch eigentlich für die Feldtruppen ausgereicht haben.

        Grüße

        Gunter

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        • HKDW
          Erfahrener Benutzer
          Colonel
          • 02.10.2006
          • 2962

          #5
          Ich hab mal vor längerer Zeit was aus dem Schön zusammengeschrieben :

          Quelle:
          Geschichte der Handfeuerwaffen
          J. Schön
          Dresden 1858
          S. 110 – 112, Abbildungen 72, 73, 74

          Altsuhler Gewehr

          Konisches Zündloch, 1,88 mm Durchmesser, kein Pfannenschirm
          Zylindrischer Ladestock

          Lauflänge: 106;2 cm (45 sächsische Zoll)
          Laufbefestigung: 3 eiserne Ringe auf den vorderen eine Kimme aus Messing
          Gesamtlänge: 144,56 cm
          Gewicht: 5,04 kg
          Bajonettklingenklänge: 35,402 cm (15 sächsische Zoll)
          Bajonettanbringung: 2 Bajonettwarzen
          Länge mit aufgepflanzten Bajonett: 179,962 cm
          Gewicht mit aufgepflanzten Bajonett:
          Hahn: Schlangenförmig
          Kaliber:
          Batterie: Gerade


          Neusuhler 1809

          Die leichte Infanterie wurde damit bewaffnet.
          Konisches Zündloch, kein Pfannenschirm, zylindrischer Ladestock

          Lauflänge: 106,97 cm
          Laufbefestigung: Stifte
          Gesamtlänge: 146,5 cm
          Gewicht: 3,75 kg
          Bajonettklingenklänge: 63,72 cm
          Bajonettanbringung: Warze unten am Lauf
          Länge mit aufgepflanzten Bajonett: 200,22 cm
          Gewicht mit aufgepflanzten Bajonett:
          Hahn: Schlangenförmig
          Kaliber: 16,52 mm
          Batterie: Gerade

          Wiener Gewehr

          Konisches Zündloch, keinen Pfannenschirm, zylindrischer Ladestock
          Lauflänge: 105,97 cm
          Laufbefestigung: 3 Ringe aus Messing
          Gesamtlänge: 143,97 cm
          Gewicht: 4,05 kg
          Bajonettklingenklänge: 47,203 cm
          Bajonettanbringung: Exzenterpflanzung
          Länge mit aufgepflanzten Bajonett: 201,73 cm
          Gewicht mit aufgepflanzten Bajonett:
          Hahn: Schlangenförmig
          Kaliber: 16,52 mm
          Batterie: Abgeknickt

          Die Pulverladung aller oben genannten Gewehre war 10,9 gr. (0,75 sächsisches Loth)

          Außer diesen Gewehren führten die Sachsen noch die französischen Gewehre, welche namentlich von den Schlachtfeldern von Bautzen, Dresden und Leipzig herstanden.

          Für mich als Laie der sächsischen Armee - schon mal auffallend - konisches Zündloch - zylindrischer Ladestock, also selbstaufschüttende Pfanne, auch einheitliches Exerzierreglement.

          Schön bringt zumindest keinen Unterschied zu dem Wiener und dem Neusuhler Gewehr - hinsichtlich des Kalibers.

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          • Gunter
            Erfahrener Benutzer
            Chef de Bataillon
            • 01.10.2006
            • 1377

            #6
            Vom Kaliber und Ladeablauf passt das doch. 1813 ging sowieso alles drunter und drüber, aber das spielt für die Fragestellung keine Rolle.
            Wurden die Gebrauchtwaffen von 1809 wirklich nach Sachsen ausgeliefert? So ein deal mit abweichender Technik in Friedenszeiten erscheint irgendwie unlogisch.

            Grüße

            Gunter

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            • HKDW
              Erfahrener Benutzer
              Colonel
              • 02.10.2006
              • 2962

              #7
              Siehe auch

              Titze, Jörg : 1812 - Die Sachsen in Rußland 1812

              S. 48 und 49 - über des Zerspringen der Wiener Gewehr, ich kann deshalb kaum an alten Ö - Musketen glauben, die ja recht kriegstauglich waren sondern eben Neufertigungen nach "Wiener" Art eben.

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              • Da Capo
                Erfahrener Benutzer
                Adjudant
                • 23.10.2006
                • 827

                #8
                Nach Vollmer erfolgte die Abnahme (durch den Artillerie-Hauptmann Birnbaum) und Sendung der gebrauchten Waffen im Mai 1811.
                Die einzige Möglichkeit, die mir hierzu einfällt, wäre die Reservierung der gebrauchten Waffen für die im Ernstfall neben den beiden Feld-Divisionen aufzustellende (3.) „Heimatschutz-Division“. Diese Waffen kann später die Landwehr erhalten haben, wenn sie nicht vorher der die Preußen in Dresden permanent befallenden Kleptomanie zum Opfer fielen und/oder von den Öschis heim ins Reich geholt wurden.

                Ich komme mit den Bezeichnungen aus folgenden Gründen ins Schwimmen:
                a) in den Akten taucht neben der Bezeichnung „Wiener Facon“ auch der Begriff „Neuer Wiener Facon“ – wenn auch selten – auf.
                b) Die bisher für Österreich produzierenden Gewehrfabriken in Olbernhau und Bärenstein hatten mit dem sächs. Kriegsministerium 1808/09 einen Vertrag über die Lieferung von 1.000 Gewehren/a abgeschlossen. Ob diese nun das Neusuhler, Altsuhler, Wiener oder gar öster. M1789 herstellten, ist bei Vollmer nicht so klar zu erkennen.

                Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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                • Sans-Souci
                  Erfahrener Benutzer
                  Major
                  • 01.10.2006
                  • 1841

                  #9
                  Angängt, was Thierbach dazu schreibt.
                  Angehängte Dateien

                  Kommentar

                  • Kerberos
                    Benutzer
                    Tambour
                    • 19.10.2006
                    • 43

                    #10
                    Frage, waren die in Suhl gefertigten "Wiener Gewehre" gleichbedeutend mit dem "Neusuhler" Gewehr"?

                    Kommentar

                    • Gunter
                      Erfahrener Benutzer
                      Chef de Bataillon
                      • 01.10.2006
                      • 1377

                      #11
                      Zitat von Kerberos Beitrag anzeigen
                      Frage, waren die in Suhl gefertigten "Wiener Gewehre" gleichbedeutend mit dem "Neusuhler" Gewehr"?
                      Wohl nicht, denn die Wiener Gewehre hatten Laufringe wie es scheint, die Neusuhler nicht. Der Thierbachtext schildert eine interessante Situation. Die Sachsen wollten wieder mal sparen, dann wurde die Sache natürlich teurer und man erhielt zweifelhafte Qualität geliefert. Herr Calnot scheint auch nicht so ganz seriös gewesen zu sein. Hoffentlich wurde den Preußen der ganze alte ausgeleierte Kram angedreht. Die Moral von der Geschicht: keinen Billigkram kaufen, das lohnt sich auf Dauer einfach nicht.

                      Grüße

                      Gunter

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                      • HKDW
                        Erfahrener Benutzer
                        Colonel
                        • 02.10.2006
                        • 2962

                        #12
                        Danke Oli für den Thierbach.

                        Wenn ich das richtig verstanden habe - gab es gebrauchte "Wiener" Musketen und neue.
                        Leider nun sagt Thierbach nichts zum Kaliber

                        Die Beschreibung - mit dem Korn - entspricht eigentlich keiner Österreichischen Muskete, da diese kein Korn hatten.

                        Bliebt die Frage des Kalibers, wenn es gebrauchte Musketen waren, wurde sicherlich das alte Kaliber beibehalten - aber bei den neuen??
                        Siehe ja dazu auch Schön, der muss ja seine Muskete irgendwoher gehabt haben, wenn er sie beschreibt, der schlangenförmige Hahn paßt auch nicht zu einem österreichischen Modell.

                        Nächste Frage, laut Thierbach bekam die ganze Sächsische Infanterie 1812 dieses Wiener Gewehr - würde ja Sinn machen für den Feldzug - also auch die leichte Infanterie??
                        Ungelöst bleibt die Kaliberfrage - die Bayern bekamen ja auch österreichische Musketen in großer Lieferung und das Militärkaliber wurde daraufhin dem österreichischen angepaßt.

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                        • Gunter
                          Erfahrener Benutzer
                          Chef de Bataillon
                          • 01.10.2006
                          • 1377

                          #13
                          So wie ich das verstehe, handelte es sich um neu gefertigte Musketen im sächsischen Kaliber, die nur teilweise Ähnlichkeiten mit den Waffen des österreichischen Heeres hatten. Auf mich wirkt der Vorgang wie ein ziemlich zweifelhaftes Geschäft, bei dem die Qualität auf der Strecke blieb. Wie oben zu lesen waren die Neusuhler Gewehre auch nicht gerade der Hit. Ich wunderte mich ohnehin schon, warum dieses neuere Waffenmodell eine veraltete Laufbefestigung erhielt.

                          Grüße

                          Gunter

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                          • Da Capo
                            Erfahrener Benutzer
                            Adjudant
                            • 23.10.2006
                            • 827

                            #14
                            Hans-Karl,

                            nein, nicht die ganze sächsische Infanterie erhielt Wiener Gewehre. Die leichte Infanterie behielt die Neusuhler ebenso wie die Leib-Grenadier-Garde und die 1.Brigade der 1.Division (König + Niesemeuschel).
                            Die gebrauchten Gewehre waren aufgearbeitete Schlachtfeldfunde (insofern österr. dann wohl M1789 = 17,5 oder 17,6 als Kaliber) die neuen Neugebaute mit österr. Teilen und sächs. Kaliber 16,5.
                            Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

                            Kommentar

                            • HKDW
                              Erfahrener Benutzer
                              Colonel
                              • 02.10.2006
                              • 2962

                              #15
                              Ok dann spekulier ich mal, nur die neugebauten Wiener Musketen wurden abgegeben - die waren dann kalibergleich mit dem Neusuhler.

                              Modell 1789 - bei den Ö ?? Da meinst du sicherlich das Modell 1798 / 99 und auch das leicht veränderte M 1807, fürs Kaliber aber egal.

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