Übergang der Sachsen am 18.10.1813

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  • Mephisto
    Erfahrener Benutzer
    Capitaine
    • 01.10.2006
    • 625

    #16
    Ich bin beeindruckt von Deinen Quellen - wie immer.
    Aber auch in der Summe zu 3. stellt sich mir immer noch die Frage:
    Jubelten die Männer nicht, weil sie nicht jubeln wollten, oder jubelten die Männer nicht, weil ihre Offiziere ihnen nicht da Zeichen/Erlaubnis dazu gaben? [sie die Freiheit zum Jubeln erhalten hatten]
    … doch die Sachsen entfernten sich schweigend und kehrten zu ihren Kolonnen zurück.
    Damit sind die Offiziere gemeint.
    Kehrten vielmehr nur schweigend in ihre Reihen zurück.
    Hier ebenso.
    Zuletzt geändert von Mephisto; 06.04.2013, 22:35.
    Gruß
    Mephisto

    "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
    nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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    • Da Capo
      Erfahrener Benutzer
      Adjudant
      • 23.10.2006
      • 827

      #17
      Es ist bei der Rede an die Sachsen zu bedenken, dass der Kaiser die Offiziere und Unteroffiziere hat vortreten lassen, um direkte Ansprache zu nehmen. Der Schütze Schmidt IV hat von der Geschichte also garnichts mitbekommen.

      Wie hätte auch die Stimme des Kaisers an einem Herbsttag in der wohl kaum windstillen Muldenaue, wo man nebenbei auch noch ein paar Kosaken verscheuchen durfte, das ganze Korps beglücken sollen. Es war doch gerade auf die persönliche Ansprache berechnet, die diesmal ihre Wirkung verfehlte. Und ob die Sachsen nun gerufen haben oder nicht, der Unterschied zu den Jubelbezeugungen der frz. Divisionen war nicht zu übersehen/-hören.
      Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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      • Gunter
        Erfahrener Benutzer
        Chef de Bataillon
        • 01.10.2006
        • 1377

        #18
        Nach den Zitaten und Erwähnungen gewinne ich langsam den Eindruck, dass da möglicherweise nur die Offiziere gejubelt haben. Vielleicht war das auch garnicht erst anders vorgesehen, so dass eine ablehnende Haltung der Mannschaften so oder so garnicht offiziell auffallen konnte. Man sollte nicht vergessen, dass Napoleon auch von seinen eigenen französischen Offizieren häufig über die realen Zustände hinters Licht geführt worden ist.

        Trotz allem muss Napoleon den Sachsen noch vertraut haben, denn man erinnere sich an das Schicksal der Nassauer, von denen auch ein großer Teil überlief und der Rest entwaffnet und interniert wurde. Nicht so jedoch die sächsischen Truppen nach dem Übergang des Bataillons vom Regiment König und auch nicht die nach dem Überlaufen der meisten Truppen auf französischer Seite verbliebenen Truppen.

        Grüße

        Gunter

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        • Tom
          Erfahrener Benutzer
          Chef de Bataillon
          • 03.10.2006
          • 1068

          #19
          Takt. Situation am 18.10. / Einsatz der Sachsen

          Das Argument von Töppel, Napoleon hätte die Sachsen - sofern sich ihre Stimmung so eindeutig feindselig geäußert hätte - nicht mehr in die 1. Linie gestellt, zieht m.E. zumindest am 18. Oktober bei Paunsdorf überhaupt nicht. Seit dem 17.10. war Napoleon klar, dass er die Schlacht nicht mehr gewinnen konnte (er stand mit rd. 190.000 Mann gegen nunmehr fast 300.000 Verbündete, nachdem Bernadotte, Bennigsen und Bubna herangekommen waren - der am 16.10. geplante und mögliche Zentrumsdurchbruch bei Wachau war misslungen).

          Am 18./19.10. konnte es für N. nur noch darum gehen, seine Armee durch den Flaschenhals von Lindenau herauszuziehen. Dazu musste er im Norden, Osten und Süden Leipzigs verteidigungsweise verfahren; böse Zungen sagen, er opferte dort die vor allem aus anderen Nationen rekrutierten Korps, um die Garde und die überwiegend nationalfranzösisch rekrutierten Korps zu retten (*). Ob die Sachsen dabei bei Paunsdorf verheizt worden oder nicht, war aus seiner Sicht nachrangig, mit der Niederlage in der Hauptschlacht bei Leipzig war zwangsläufig die Räumung von ganz Deutschland bis zum Rhein - dem nächsten haltbaren Abschnitt - verbunden (natürlich bis auf ein paar Festungen, die noch in frz. Hand blieben). Wenn die 3-4.000 Sachsen dann schlimmstenfalls - wie zuvor das Batl. Bünau - davonliefen, änderte das auch nichts mehr am Ausgang der großen Entscheidung. Das Königreich Sachsen war in jedem Fall für Napoleon verloren.

          Im Nachgang haben dann einige frz. Historiker (Thiers et al.) aus dem Übergang der Sachsen und der württembergischen Brigade Normann freilich noch Honig gesaugt und diesen ehemaligen Alliierten den Verlust der Schlacht zugeschoben, um ihr Idol Napoleon zu retten - aber das ist wieder eine andere Geschichte

          Gruß, Tom
          (*) Die vorzeitige Sprengung der Elsterbrücke - mit dem daraus resultierenden Abschneiden mehrerer Korps - hat dies allerdings durchkreuzt.
          Zuletzt geändert von Tom; 07.04.2013, 14:24.

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          • HKDW
            Erfahrener Benutzer
            Colonel
            • 02.10.2006
            • 2962

            #20
            Exemplarisch hervorragender Beitrag von Tom, mit Zitaten eben, besser geht es nicht.
            Töppels Argument bleibt wilde Spekulation. Napoleon hätte mal wohl lieber die Sachsen entwaffenen sollen, oder sie im Leipzig zurücklassen - beim König, aber wem hätte er dann die Niederlage in die Schuhe schieben können, wieder ein Sündenbock weniger.

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            • Gunter
              Erfahrener Benutzer
              Chef de Bataillon
              • 01.10.2006
              • 1377

              #21
              Es war wohl einfach egal, was mit den wenigen Sachsen geschah - Napoleon hatte andere Probleme. So konnte er auch den letzten Rest der Sachsen aus seinen Diensten entlassen, weil es eben keine Rolle spielte. Manchmal kann die Wahrheit (wenn es denn so war) ziemlich banal sein.

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              • Tellensohn
                Erfahrener Benutzer
                Chef de Bataillon
                • 16.02.2011
                • 1253

                #22
                Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
                Töppels Argument bleibt wilde Spekulation.
                Und was ist das?

                Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
                aber wem hätte er dann die Niederlage in die Schuhe schieben können, wieder ein Sündenbock weniger.
                Klar, Napoleon hat schon vor der Schlacht (seit der Revue vom 9.10.) gewusst, dass er die Schlacht verlieren würde und den bösen Plan gefasst, den Sachsen die Niederlage in die Schuhe zu schieben.

                Wie wohltuend nüchtern ist dagegen Gunters Argument:

                Zitat von Gunter Beitrag anzeigen
                Es war wohl einfach egal, was mit den wenigen Sachsen geschah - Napoleon hatte andere Probleme. So konnte er auch den letzten Rest der Sachsen aus seinen Diensten entlassen, weil es eben keine Rolle spielte. Manchmal kann die Wahrheit (wenn es denn so war) ziemlich banal sein.

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                • HKDW
                  Erfahrener Benutzer
                  Colonel
                  • 02.10.2006
                  • 2962

                  #23
                  @ Gunter

                  Für die Wirklichkeit schon banal - aber stell dir die napoleonische Propaganda ohne dieses Schauspiel vor - und wie es Thiers vermarktet, ganz klar die Sachsen sind Schuld, wie auch Grouchy - Ney und Murat - Dupont dürfen wir auch nicht vergessen, und ach ja Bernadotte - und überhaupt - es war der russische Winter

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                  • Tellensohn
                    Erfahrener Benutzer
                    Chef de Bataillon
                    • 16.02.2011
                    • 1253

                    #24
                    Zitat von HKDW Beitrag anzeigen
                    aber stell dir die napoleonische Propaganda ohne dieses Schauspiel vor - und wie es Thiers vermarktet
                    Genau, Napoleon hat ja auch deshalb genau gewusst, dass er die Schlacht verlieren würde und er den Sachsen die Schuld für die Niederlage würde geben können, weil er ihnen vorher den Befehl zum Überlaufen gegeben hatte. Nur so konnte er sicherstellen, dass die (nach)napoleonische Propaganda andere und anderes für sein Desaster verantwortlich machen konnte. Liegt doch auf der Hand...

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                    • Gunter
                      Erfahrener Benutzer
                      Chef de Bataillon
                      • 01.10.2006
                      • 1377

                      #25
                      @Tellensohn,
                      nimm mirs nicht übel, aber jetzt wird es langsam ein wenig kindisch. Tatsache ist doch, dass Napoleon und seine Verehrer immer wieder andere für seine Fehler die Schuld in die Schuhe geschoben haben. Dahinter kann man sehr wohl ein System erkennen, nämlich das eines um seine Legitimität besorgten Diktators. Napoleon musste stets als der fehlerlose Supermann dargestellt werden, weil sonst sein Imperium bedroht war. Insofern ist der Maletkomplott keineswegs eine Aktion von ein paar Irren, denn er zeigte die Schwächen des Regimes nur allzu deutlich.

                      Bei Napoleons Zeitgenossen war das nicht viel anders. Zar Alexander hatte ganz schön zu rudern und müsste sich mächtig winden, um nicht für die russischen Niederlagen seit 1807 verantwortlich gemacht zu werden. Obwohl ein autokratischer Erbmonarch hieß es für die Zaren "bei Nichtgefallen Mord". Da ging es Napoleon ja glatt noch besser. Der kam ja dann nur ins Exil und später in Gefangenschaft.

                      Die schlechte Behandlung seiner Verbündeten hat Napoleon auch teilweise seinen Thron gekostet, denn das ständige Herhaltenmüssen als Sündenbock, der Verheizen, das Ignorieren von positiven Leistungen und schlimmer noch, das stattdessen erfolgte unverdiente Vorziehen französischer Kommandeure und Einheiten hätten selbst eine national homogene Armee zerrüttet. Natürlich traf das durchaus auch für die französische Armee zu, in der ein bonapartistisches Günstlingssystem herrschte. Am schlimmsten traf es aber die verbündeten Kontingente.

                      Grüße

                      Gunter

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                      • Tellensohn
                        Erfahrener Benutzer
                        Chef de Bataillon
                        • 16.02.2011
                        • 1253

                        #26
                        @ Gunter

                        ICH halte es für kindisch, dass hier die nachnapoleonische Propaganda überhaupt ins Spiel gebracht wird, denn es geht ja, wenn ich das richtig verstanden habe, darum, festzustellen, was sich damals, im Oktober 1813, vor und während der Schlacht von Leipzig zugetragen hat. Wie das dann später von wem ausgelegt wird und zu welchem Zweck ist doch wirklich ein ganz anders Thema (hat ja auch Tom zugegeben. Zitat: "aber das ist wieder eine andere Geschichte"). Und die abstrusen "Schlussfolgerungen" HKDWs (Zitat: "Napoleon hätte mal wohl lieber die Sachsen entwaffenen sollen, oder sie im Leipzig zurücklassen - beim König, aber wem hätte er dann die Niederlage in die Schuhe schieben können, wieder ein Sündenbock weniger"), und dann noch das ungeordnete Anhängen anderer Fälle, in denen Napoleon anderen die Schuld für irgendwas gegeben hatte (von Grouchy bis zum russischen Winter") - was hat das denn hier zu suchen? DAS ist doch einfach nur noch die reine Polemik. Den Vorwurf, kindisch zu sein gebe ich gern an gewisse andere Teilnehmer hier weiter. Aber du hast recht. Ich bin es ja auch leid, jedem hier, der eine dumme Bemerkung macht, den Spiegel vorzuhalten, indem ich ihm mit einer dummen Bemerkung antworte. Fruchtet sowieso nichts.

                        Grüsse, T.

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                        • Gunter
                          Erfahrener Benutzer
                          Chef de Bataillon
                          • 01.10.2006
                          • 1377

                          #27
                          @Tellensohn,
                          inhaltlich ist der Unterschied zwischen napoleonischer und nachnapoleonischer Propaganda kaum merklich, da die letztere nur zugern an die erstere anknüpft. Für die Sachsen war Tatsache, dass sie nicht zum ersten Mal als Sündenböcke hergehalten haben. 1809 war das bereits massiv der Fall gewesen. Die genannten Fälle sind einfach nur Teile von Napoleons System, das wie bei jeder modernen Diktatur auf Propaganda, Lügen und dem Personenkult um die Führerperson beruhte. Darauf wird man doch wohl verweisen dürfen, wenn es um die Ereignisse von 1813 geht.

                          Grüße

                          Gunter

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                          • Mephisto
                            Erfahrener Benutzer
                            Capitaine
                            • 01.10.2006
                            • 625

                            #28
                            Schuld / Propaganda

                            Schuld und Schuldzuweisung an der Niederlage bei Leipzig?!
                            Ich lese hier nirgends, dass jemand von uns den Sachsen die Niederlage zuschieben würde.
                            Ich lese nur, dass man einem solchen Vorwurf vorwegnimmt, um ihn im Vorfelde zu entkräften.

                            Entschuldigt bitte, aber ich denke, die Ausgangsfrage/n war doch einen andere.

                            Die Frage war zuerst, ob die Sachsen als solche geschlossen übergelaufen sind.
                            Die Antwort scheint zu sein, dass es sich um einen Offizierscoup gehandelt hat. (Widerspruch?)

                            Danach wurde die Revue vom 09.10. von Tom mit Zitaten beschrieben. Die Sachsen haben nicht gejubelt.
                            Es drängt sich mir nach diesen der Eindruck auf, die Rede ist auch hier von den Offizieren und weniger von den Mannschaften.
                            Wichtige Quellen scheinen noch zu fehlen.
                            Lasst uns doch da weiter machen, anstatt Vorwürfe zu entkräften, die nicht gemacht worden sind.
                            Gruß
                            Mephisto

                            "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
                            nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

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                            • HKDW
                              Erfahrener Benutzer
                              Colonel
                              • 02.10.2006
                              • 2962

                              #29
                              Die Frage hat dann ja eigentlich Da Capo dann schon kompetent geklärt

                              Es gab zwischen den Offizieren „Verhandlungen“ bzgl. des Übergangs, d.h. ein größerer Teil der Truppenoffiziere dürfte von dem Ansinnen Kenntnis gehabt haben. Den Soldaten wird etwas in der Richtung „bald passiert etwas“ gesagt worden sein, mehr wohl nicht. Denn neben dem Übergang stand ja auch die (räumlich) gegenteilige Option, nämlich zum König nach Leipzig zu marschieren, also die Schlachtlinie in die andere Richtung zu verlassen (was versucht wurde, aber nicht klappte).

                              Den höheren Offizieren war bewußt, dass sie einen Verrat begehen wollten (verlassen einer anbefohlenen Stellung in Indisziplin gegen die Befehle des obersten Vorgesetzten während einer Schlacht – das reicht 3x fürs Kriegsgericht!). Da hatten alle noch den Übergang des Bataillons König vom 23.09. im Hinterkopf. Der Einzug sämtlichen Vermögens, das Austrommeln und Anschlagen am Galgen aller Offiziersnamen, die dabei mitgemacht haben, sind kein Pappenstiel.

                              Der treibende Keil ist wohl Ryssel gewesen, aber der Rest hat mitgemacht. Raabe (den Artilleriechef) haben sie halb belogen, halb genötigt. Er hat nach Kenntnis der Teilnahme einer reitenden Batterie an den weiteren Kämpfen gegen die Franzosen, diese Teilnahme heftigst kritisiert.

                              Zeschau hat ja aktiv eingegriffen und die Truppen, die er kriegen konnte wieder zurückgeführt. Die während des Übergangs gefangenen Bataillone Friedrich und Anton weigerten sich standhaft, als Überläufer bezeichnet zu werden. Sie erklärten sich kriegsgefangen.

                              Es also mehr als unübersichtlich.
                              Aber komm nach Leipzig am 16.10. und hör Dir meinen und die anderen interessanten Vorträge an. Du wirst es definitiv nicht bereuen.

                              Kommentar

                              • Mephisto
                                Erfahrener Benutzer
                                Capitaine
                                • 01.10.2006
                                • 625

                                #30
                                Ich finde, die zweite Frage (Revue am 09.10.) ist noch offen.
                                Mich würden wie Tom die Berichte von Probsthayn und Kummer interessieren.

                                Ich habe leider nur Ausschnitte von Letzerem in "Spuren der Völkerschlacht" von Schäfer und dann auch nur auf den Akt des Überlaufens bezogen.
                                Gruß
                                Mephisto

                                "Es sind zwey Formeln, in denen sich die sämmtliche Opposition gegen Napoleon befassen und aussprechen lässt,
                                nämlich Afterredung (aus Besserwissenwollen) und Hypochondrie." Goethe 1807 :attention:

                                Kommentar

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