Festung Rosenberg 1806

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  • Blesson
    Erfahrener Benutzer
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    • 03.10.2006
    • 778

    #16
    Zur Terminologie:

    Das sind keine Schilderhäuser, sondern hölzerne (?) Echauguettes (Wachtürmchen), die hier herabgestürzt wurden. Diese galten am Ende des 18. JH als veraltet, und mußten bei der Armierung abgebrochen werden, um der Artillerie keine Richtpunkte zu geben. Wer jemals im vorfeld einer Festung mit flachem Aufzug stand, der weiß, wie dankbar der Artillerist für jeden Richtpunkt sein muß.
    Zuletzt geändert von Blesson; 24.08.2016, 15:49.
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    • Tellensohn
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      • 16.02.2011
      • 1253

      #17
      Zitat von Blesson Beitrag anzeigen
      Zur Terminologie:

      Das sind keine Schilderhäuser, sondern hölzerne (?) Echauguettes (Wachtürmchen), die hier herabgestürzt wurden.
      Nun, die Quelle sagt "Schilderhäuser". Und wenn man aus einer Quelle zitiert, zitiert man eben den dort vewendeten Begriff. C'est tout.

      Dass es sich um Scharwachttürmchen, Pfefferbüchsen, oder wie man die Dinger sonst noch nennt, handelt, ist mir klar. Für den Autor der Quelle hatten Scharwachtturm und Schilderhaus offensichtlich dieselbe Funktion (Unterbringung eines Wacht- und Beobachtungspostens). Deshalb hat er es wohl nicht ganz so genau genommen. Ich zumindest habe verstanden, was er meinte. Es sei ihm vergeben...Es wird übrigens ausdrücklich gesagt, dass es sich um "steinere Schilderhäuser" handelte, und sie werden - immerhin - mit "Thürmchen" verglichen...

      Zitat von Blesson Beitrag anzeigen
      Zur artilleristischen Dotierung ist im allgemeinen anzumerken, daß hier eiserne Rohre und überhaupt ein kunterbuntes Durcheinander von altem Material bis zum 15. JH vorherrschten, denn die wertvollere Feldartillerie mit metallenen Rohren wurde nur provisorisch in Außenwerken, zum Flankenschutz und für Ausfallbatterien verwendet. Von einer üppigen Dotierung konnte gerade bei kleinen Festungen kaum die Rede sein; aus den Belagerungen 1813/14 gibt es etliche Beispiele, daß pro Bastion nur 2 kleinere Geschütze aufgestellt werden konnten. Die schweren 18 und 24 Pfünder waren eher eine Ausnahme.
      Nun, die bayerischen Geschütz, gleich ob alt oder neu, waren ja eben schon seit längerem aus der Festung entfernt worden (der Wortlaut der Quelle lässt vermuten, dass es sich durchaus auch um neuere Geschütze handelte, denn immerhin werden sie "vortrefflich" genannt). Interessant wäre die Klärung der Frage, aus welchen Beständen die Festung neu armiert wurde. Waren es französische Geschütze, dann müssten sie ja wohl oder übel der Feldartillerie der Grande Armée entnommen worden sein, also müsste es sich wohl um neuere Geschützrohre aus Bronze gehandelt haben (sicher hat man nicht altes französisches Geschütz aus Frankreich kommen lassen). Andernfalls hätte man wohl auf Geschütze aus anderen bayerischen Festungen zurückgreifen müssen - oder auf Beutegeschütze von was weiss ich woher. Gibt es dafür Anhaltspunkte?
      Zuletzt geändert von Tellensohn; 24.08.2016, 14:25.

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      • Tellensohn
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        Chef de Bataillon
        • 16.02.2011
        • 1253

        #18
        Nach flüchtiger Durchsicht von Foucart, Campagne de Prusse (1806), habe ich wohl schon einige wenige Belege dafür gefunden, dass Geschütze aus anderen bayerischen Festungen für die Armierung der Festung Rosenberg verwendet werden sollten. Z.B:


        20. September, Napoleon an Berthier:

        "Les places de Königshofen, de Kronach et de Würzburg pouvant devenir les points d'appui de la Grande Armée, il sera nécessaire qu'il y soit nommé de bons commandants et qu'on y dirige des compagnies d'artillerie et des officiers du génie [...] On prendra, le 2 octobre, possession des trois places...; on les mettra en état d'être à l'abri d'un coup de main. Le 3 ou le 4 octobre au plus tard, on devra placer en batterie dans ces trois places de l'artillerie qu'on y enverra de Forchheim, de Würzburg [sic; das müsste ein Verschreiber sein; evtl. für Ingolstadt?, denn Würzburg sollte ja auch neu armiert werden, und zwar sollte dazu - laut einem späteren Schreiben - in Ingolstadt stationierte bayerische Artillerie Sorge tragen] et d'Augsburg..."(S.95f.)


        Wahrscheinlich sollten auch Geschütze aus der Festung Rothenberg für die Armierung von Kronach verwendet werden:

        1. Oktober, Bernadotte an Berthier:

        "J'ai chargé le général Eblé de s'assurer si les cannons qui viennent de Rottenburg pour Kronach y arriveraient bientôt; il vient de me rendre compte qu'ils étaient en route et qu'ils avaient déjà dépassé Forchheim."(S.247)


        In einem früheren Schreiben heisst es:


        18. September, Bernadotte an Berthier:

        "Dans le cas où les Prussiens marcheraient , il's abouchera avec le général bavarois qui se trouve à Bamberg , afin de faire mettre une bonne garnison à Forchheim; il invitera aussi ce général à faire garder la petite forteresse de Rottenberg entre Erspruck et Lauf, sur la frontière du haut Palatinat."(S.71)


        "Rottenberg" muss Rothenberg meinen. Und obwohl im Schreiben vom 1. Oktober von "Rottenburg" die Rede ist, vermute ich, dass auch hier die Festung Rothenberg gemeint ist (kaum die Stadt Rottenburg in Württemberg, oder Rothenburg ob der Tauber), weil die Festung Rothenberg aufgrund ihres Anschlusses an Bayern ihre strategische Bedeutung verlor und ihre Kanonen somit anderweitig verwendet werden konnten:




        Auch das Itinerar des Transports der Kanonen (von "Rottenburg"/Rothenberg via Forchheim nach Kronach) erscheint schlüssig, oder? Das wissen Ortsansässige natürlich besser.


        Möglicherweise finden sich im Foucart weitere relevante Angaben zur Armierung von Kronach. Wer weiter recherchieren will, kann das hier tun:

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        • Blesson
          Erfahrener Benutzer
          Adjudant
          • 03.10.2006
          • 778

          #19
          Ich habe kurz in die Chronik des Studienlehrer Hafner von 1840 hineingeschaut. Immerhin war er wohl Augenzeige, aber nur bedingt verständig.
          Damit komme ich also auf das Thema Verlässlichkeit der Quellen aus fortifikatorischer Sicht. Es gilt die Devise Baedeckers, daß man nur das sieht, was man weiß. Ich habe schon einige dutzend zeitgenössische Berichte über Festungen und Belagerungen ausgewertet, und daraus die folgende allgemeine Skala über die Verlässlichkeit in fortifikatorischen Belangen destilliert:

          1. Ingenieuroffiziere
          2. Artillerieoffiziere
          3. Generalstabsoffiziere
          4. Ingenieurgeographen

          .... dann kommt erst einmal lange nichts - es folgen

          5. Infanterieoffiziere
          6. Kavallerieoffiziere

          ....

          7. Historiker, Lehrer und Pfarrer (meist unter ferner liefen)

          Schon allein Hafners allgemeine Beschreibung über Lage, Zustand und Armierung der Festung läßt nur laienhaften Sachverstand und fehlende Fachterminologie erkennen, von daher kann man ihr wenig Konkretes entnehmen, wie z.b. die artilleristische Dotierung der Festung.

          Wie kann man also eine Rekonstruktion analytisch und methodisch angehen?

          a) Die Berichte von Zeitzeugen wie von Hafner sind immer wertvoll, müssen aber in Punkto Verlässlichkeit bewertet werden.

          b) Existierender Baubestand, Baugeschichte, Bauaufnahme & archäologische Befunde, so sie es denn gibt

          c) topographische Karten und Kataster-Pläne aus der Zeit bis 1850

          d) Man nimmt die allgemeinen zeitgen. Regeln zur Befestigung und die Kenntnisse über die Lokalität zu Hilfe und setzt die plausibelsten Annahmen um, wobei immer eine erhebliche Usicherheit bleiben wird. Oft wird eine Exklusion hilfreich sein "Es kann nicht sein, daß..." Den Archäologen ist das Vorgehen bei der Interpretation von Befunden bekannt. Damit kann man die gröbsten Fehler vermeiden. Wenn man das nicht tut, genügt ein kurzer Blick des Sachverständigen: "Geht gar nicht." und die Schnitzeljagd nach Fehlern beginnt.

          Meist lassen sich aus den o.g. Punkten plausible Hypothese entwickeln. Zusätzlich sind wünschenswert:

          e) Relationen, Belagerungsjournal, Aufzeichnungen und Pläne der Ingenieuroffiziere aus den Archiven, oder auch spätere Veröffentlichungen in den Fachjournalen. Die Herren Franzosen waren übrigens ordentliche Leute: Eine Kopie des Armierungplanes und evtl. eine Bauaufnahme sollte immer in das Dépôt de la Guerre abgegeben werden. Evtl. findet sich daher etwas zum Rosenberg in den Archives de Génie im Château Vincennes, oder in Ingolstadt, aber das heißt, einen hohen Aufwand treiben.
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          • Tellensohn
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            • 16.02.2011
            • 1253

            #20
            Material zu Kronach in Vincennes:




            Auswählen: Territoires



            Runterscrollen bis:

            Infrastructure - Aménagement
            Génie - Fortifications : Dépôt des fortifications (1660-1940) :

            Auswählen:

            • inventaire des archives, GR 1 V


            Im alphabetischen Register gegen Schluss des Verzeichnisses nach "Kronach" suchen; S. 57 steht der Eintrag:

            Kronach [Allemagne, Bavière], 1 VM 164.


            Die angegebene Signatur im Verzeichnis suchen. Ergebnis:


            [SHD GR] 1 VM 164* Mémoires, reconnaissances, projets de travaux de défense concernant Königsberg (1762-1934), Königshoffen (1783-1807), Königstein (Saxe) (1756-1922), Königstein (1745-1762), Kosel (1807), Kostanicsza (1810-1811), Kouth-Ispahan (s.d.), Koutoum (s.d.), Köwar** (s.d.), Krajogewatz** (1756), Kristiansand (1912), Kronach (1807- 1853), (1745), Kruisschanz (1745), Kufstein (1742-1903), Kyssel (s.d.). 1742-1934


            Jetzt müsst ihr bloss noch einen finden, der sich in diese Höhle des Löwen wagt...Ich muss passen
            Zuletzt geändert von Tellensohn; 24.08.2016, 20:31.

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            • Blesson
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              • 03.10.2006
              • 778

              #21
              "Falls französische Kanonenrohre nicht auf evtl. vorhandenen kb. Lafetten (ohne Kanonenrohre) montiert werden konnten, wären dort vielleicht schon französische Lafetten zu finden gewesen sein (die Frage ist nur, welcher Art).".

              Das alles spricht für eine provisorische Armierung mit 4, 6 und 12pfd Feldgeschützen der frz. Feldarmee, die ja für die Verteidigung des Forts gegen einen Überfall völlig ausreichend sind. Damit hat der Rosenberg den Charakter einer Campagnefortifikation für die Dauer des Feldzuges (wie Passau 1809); das Fort sollte einer Blockade widerstehen, nicht aber einem förmlichen Angriff wie eine Depotfestung (= Festung 1. Ranges), wie z.B. Mainz.

              Woher sollten denn die hohen Rahmlafetten, Laufkatzen oder Walllafetten kommen, wenn die Zeit und Mittel für den Bau nicht vorhanden waren? Von der Festung Würzburg? Auch wurde bei der franz. Armee kein Belagerungspark mitgeführt, aus dem das Material hätte abgegeben werden können.
              Zuletzt geändert von Blesson; 25.08.2016, 14:12.
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                • 16.02.2011
                • 1253

                #22
                Zitat von Blesson Beitrag anzeigen
                Das alles spricht für eine provisorische Armierung mit 4, 6 und 12pfd Feldgeschützen der Feldarmee,...

                Woher sollten denn die hohen Rahmlafetten, Laufkatzen oder Walllafetten kommen, wenn die Zeit und Mittel für den Bau nicht vorhanden waren? Von der Festung Würzburg? Auch wurde bei der franz. Armee kein Belagerungspark mitgeführt, aus dem das Material hätte abgegeben werden können.
                Ich denke auch: Rahmlafetten, Laufkatzen und Walllafetten müssten, wenn schon, bereits in der Festung gewesen sein noch bevor die Franzosen kamen, also bayerischer Herkunft und Machart gewesen sein. Dass die Franzosen einen Belagerungspark mit sich führten, wäre mir auch neu und sie haben sich sicher nicht damit aufgehalten, entsprechendes Material französischer Machart an Ort zu bauen. Aus Frankreich hat man es sicher auch nicht kommen lassen, zu umständlich, zu zeitraubend.

                So, wie das auf dem Diorama dargestellt wird, hätten das m.E. auf jeden Fall bayerische Lafetten, evtl. mit bayerischen Rohren aus anderen bayerischen Festungen sein müssen, die dann aber bis zum Zeitpunkt des Besuchs Napoleons auf der Festung eingetroffen wären. Das waren sie aber offenbar noch nicht, denn sonst hätte Napoleon ja kaum anlässlich seines Besuchs die vermehrte Armierung mit "schwerem Geschütz" befohlen (vermutlich mit eben den Kanonen aus den andernorts genannten bayerischen Festungen). Also müssten zum Zeitpunkt des Besuchs Napoleons die verwendeten Kanonenrohre französische Rohre der Feldartillerie gewesen sein.

                Entweder war es möglich, diese auf evtl. vorhandenen bayerischen Rahmlafetten, etc., zu montieren, oder aber das war nicht möglich, dann hätte man einfach ausschliesslich französische Feldgeschütze für das Diorama verwenden sollen; Rahmlafetten, Laufkatzen oder Walllafetten wären dann halt wohl doch schlicht falsch.
                Zuletzt geändert von Tellensohn; 25.08.2016, 13:22.

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                • Blesson
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                  • 03.10.2006
                  • 778

                  #23
                  Hinzu kommt, daß das frischgebackene Königreich Bayern eigentlich über keine Landesfestung mit Depots und Arsenalen, wie das erst ab 1815 ausgebaute Ingolstadt, verfügte. Es gab 1806 nur die Sperrforts Oberhaus bei Passau und Kufstein. Rosenstein, Schnaittach und Königshofen waren desarmiert? Das oben zitierte Geschützmaterial aus dem kurbairischen Rothenberg ob Schnaittach stammte mit Sicherheit aus dem 18. JH. Würzburg war schon eigenes Großherzogtum. Soweit mir erinnerlich, wurden erst nach 1815 besondere kb Festungsgeschütze konstruiert.

                  Das macht es noch wahrscheinlicher, daß das Fort nur mit frz. Feldgeschützen armiert war, ergänzt mit einigem alten Material von Rothenburg.
                  Zuletzt geändert von Blesson; 25.08.2016, 15:47.
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                    • 03.10.2006
                    • 778

                    #24
                    Mal ein Bild einer vorbildlich restaurierten Bastion mit Geschützaufstellungen im niederländischen Naarden, welche auch die Tiefe der Brustwehren sehr anschaulich demonstriert... In kleineren Dimensionen dürfen wir uns den Rosenberg auch so vorstellen. Sehr schön die Flankengeschütze auf Rappertlafetten durch Scharten feuernd, die hohen Rahmlafetten an der Face über die Bank feuernd.

                    Zuletzt geändert von Blesson; 25.08.2016, 15:05.
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                      • 03.10.2006
                      • 778

                      #25
                      Der Sonnenstein über Pirna als Beispiel für eine verlotterte Festungsanlage und verrottete Lafetten (Kasemattschleifen, Canalettto, Mitte des 18. JH). Die am Stoßboden eingelegten Balken demonstrieren eindrücklich, wie Kasemattschleifen auch provisorisch für eine tiefe Depression hergerichtet werden können. allerdings dürfte das Laden ein klein wenig umständlich gewesen sein.

                      Sehr schön die einfassende Palisadierung mit Rondengang am Mauerfuß.

                      Die Festung Rosenberg dürfte einen ähnlichen Anblick vor der Armierung geboten haben?

                      Zuletzt geändert von Blesson; 26.08.2016, 17:33.
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                        • 03.10.2006
                        • 778

                        #26
                        Noch ein paar weitere Beobachtungen:

                        Die Gebäude sind wirklich hervorragend rekonstruiert, nur entspricht ihr Zustand nicht dem einer armierten Festung:
                        1) In der Regel wurde alle (wirklich ALLE) Dächer abgedeckt, um Brände zu verhindern und das sichtbare Profil hinter der Wallkrone zu erniedrigen, was allerdings nur auf der Hauptangriffsseite im Nordosten gelingen konnte. Stadtseitig ließt sich der hohe Aufzug nicht verbergen.
                        2) Alle Schuppen auf den Wallanlagen oder in den Gräben wurden abgebrochen
                        3) Alle Gebäude, Gesträuche und Bäume im Vorfeld, i.d.R. ca. 1000 Schritt weit, wurden niedergelegt (wenn Zeit und Mittel vorhanden waren).

                        Beispiel: Die im September 1813 provisorisch armierte Festung Sonnenstein zeigt, wie rigoros Dächer abgedeckt und das Vorfeld planiert wurde. Ebenso verhielt es sich für die Veste Marienberg 1813. für den Rosenberg sollte ein Beleg in den Chroniken zu finden sein.

                        Das torgebäude und dessen Vorwerke: Nach lehrbuchmäßiger Auffassung war das Tor durch einen permanenten Wallschild (Ravelin) zu schützen, so daß das Tor von der Feldseite nicht direkt eingesehen werden konnte. Vom Ravelin hinweg führte eine hölzerne Pfahlbrücke zum Tor, welches hier eine Zugbrücke hatte. Ich finde es hier recht ungewöhnlich, daß von der Grabensohle eine Rampe zum tor führte. Gemäß den Lehrbüchern sollte aber die Pfahlbrücke horizontal vom Ravelin zum Tor geführt werden. Ich kenne aber keine Pläne, wo ein Ravelin eingezeichnet ist. Also mußte wohl eine provisorische Lösung her: Dies konnten ein Erdwerk oder Palisaden sein.

                        Wie bei Feldbefestigungen auch, kann man Brücke und Tor durch einen Tambour aus Palisaden decken: dieser ist entweder ein Halbkreis oder ein Redan (pfeilförmig) mit einem ein- oder zweiflügeligen Gattertor. Lezteres pflegte zusätzlich durch span. Reiter gedeckt zu werden. Dieser ausspringende Winkel wäre zweckmäßig gewesen, um die seitlich liegenden Palisaden mit Kleingewehr zu flankieren. Die mehr als mannhoehen Palisadenpfähle war i.d.R. nur grob behauen, d.h. im Durchmesser rund und oben IMMER zugespitzt, um das Übersteigen zu erschweren. Diese waren im felsigen oder steinigen Grund schwer zu pflanzen, was sich aber durch eine zusätzliche Erdaufschüttung, die festzustampfen war, lösen ließ.

                        Die Stadtseite der Festung an der Südbastion scheint keinen Graben besessen zu haben. Hier sind als Deckungsmittel und Annäherungshindernisse weiter span. Reiter, Palisaden, Eggen, Wolfsgruben oder Verhaue denkbar. Wichtig war jedenfalls, den Mauerfuß der Escarpe zu decken und die Kommunikation in Abschnitte zu unterteilen.
                        Zuletzt geändert von Blesson; 26.08.2016, 14:27.
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                          • 16.02.2011
                          • 1253

                          #27
                          Zitat von Blesson Beitrag anzeigen
                          Das torgebäude und dessen Vorwerke: Nach lehrbuchmäßiger Auffassung war das Tor durch einen permanenten Wallschild (Ravelin) zu schützen, so daß das Tor von der Feldseite nicht direkt eingesehen werden konnte. Vom Ravelin hinweg führte eine hölzerne Pfahlbrücke zum Tor, welches hier eine Zugbrücke hatte. Ich finde es hier recht ungewöhnlich, daß von der Grabensohle eine Rampe zum tor führte. Gemäß den Lehrbüchern sollte aber die Pfahlbrücke horizontal vom Ravelin zum Tor geführt werden. Ich kenne aber keine Pläne, wo ein Ravelin eingezeichnet ist. Also mußte wohl eine provisorische Lösung her: Dies konnten ein Erdwerk oder Palisaden sein.

                          Wie bei Feldbefestigungen auch, kann man Brücke und Tor durch einen Tambour aus Palisaden decken: dieser ist entweder ein Halbkreis oder ein Redan (pfeilförmig) mit einem ein- oder zweiflügeligen Gattertor. Lezteres pflegte zusätzlich durch span. Reiter gedeckt zu werden. Dieser ausspringende Winkel wäre zweckmäßig gewesen, um die seitlich liegenden Palisaden mit Kleingewehr zu flankieren. Die mehr als mannhoehen Palisadenpfähle war i.d.R. nur grob behauen, d.h. im Durchmesser rund und oben IMMER zugespitzt, um das Übersteigen zu erschweren. Diese waren im felsigen oder steinigen Grund schwer zu pflanzen, was sich aber durch eine zusätzliche Erdaufschüttung, die festzustampfen war, lösen ließ.

                          Nur zur Illustration: Einen m.E. sehr schönen Eindruck vom Aussehen solcher Eingangsbereiche vermittelt folgendes - zwar weder napoleonzeitliche noch deutsche, aber doch relativ zeitnahe - französische Beispiel: Fort Royal de la Martinique, in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.

                          Eine Ansicht des Torbereichs von um 1750-1760...



                          ...kann mit einem Plan von 1774 (Torbereich heranzoomen)...



                          ...verglichen werden.

                          Die Ansicht lässt gut diverse von Blesson beschriebene Eigenschaften der Vorwerke im Torbereich erkennen. Der Blick auf den Torbereich erfolgt von der Wallmauer zwischen "Bastion du Carenage" (1) und "Fausse Braye" (11). Das Tor selber verschwindet rechts hinter der Wallmauer, aber auf dem Plan ist die Brücke, die von der "Demi-Lune" [neuere Bezeichnung für "Ravelin"] (12) zum Tor führt, vor dem Tor mit einem Kreuz markiert, was eine Zugbrücke (oder sonstige nicht permanente Verbindung) kennzeichnet. Eine erste Zugbrücke (auf dem Plan gleichfalls durch eine Kreuz gekennzeichnet) verbindet auch die kurze Brücke, die vom Terrain vor der Demi-Lune auf ebendiese führt, mit derselben.
                          Zuletzt geändert von Tellensohn; 26.08.2016, 18:29.

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                          • Blesson
                            Erfahrener Benutzer
                            Adjudant
                            • 03.10.2006
                            • 778

                            #28
                            Ich habe in Napoleons Correspondences sowie Völderndorf-Waradein rechechiert und nicht viel Erhellendes gefunden.
                            Do, ut des

                            http://www.ingenieurgeograph.de

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                            • Blesson
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                              Adjudant
                              • 03.10.2006
                              • 778

                              #29
                              Ich habe in Napoleons Correspondences sowie Völderndorf-Waradein rechechiert und nicht viel Erhellendes gefunden.
                              Do, ut des

                              http://www.ingenieurgeograph.de

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                              • HKDW
                                Erfahrener Benutzer
                                Colonel
                                • 02.10.2006
                                • 2962

                                #30
                                Das alles spricht für eine provisorische Armierung mit 4, 6 und 12pfd Feldgeschützen der frz. Feldarmee, die ja für die Verteidigung des Forts gegen einen Überfall völlig ausreichend sind. Damit hat der Rosenberg den Charakter einer Campagnefortifikation für die Dauer des Feldzuges (wie Passau 1809); das Fort sollte einer Blockade widerstehen, nicht aber einem förmlichen Angriff wie eine Depotfestung (= Festung 1. Ranges), wie z.B. Mainz.
                                Woher sollten die französischen Feldgeschütze genommen worden sein, von den Corps bestimmt nicht, dann vom Artilleriepark?
                                Der 6 pfünder war so gut wie fast noch gar nicht in der Feldarmee zu finden - sondern immer noch der 8 Pfünder - ich halte französische Feldgeschütze für sehr spekulativ.

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