"Haubitzenärmel" im württ. Ex.-Reglt - was ist das ?

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  • Uwe Ehmke
    Neuer Benutzer
    Soldat
    • 02.10.2006
    • 18

    "Haubitzenärmel" im württ. Ex.-Reglt - was ist das ?

    Im württemb. Ex.-Reglement für die reitende Artillerie wird wie folgt von einem Haubitzenärmel gesprochen - wer kann mir sagen ob es diesen bei anderen Nationen auch gab und welche Funktion der hatte ?
    Nach dem Abprotzen:
    "..Nr. 2 zieht den Haubitzenärmel an, wobei er mit der rechten Hand das mit einem Knopfloch versehene Ende des Oberärmels faßt, damit hinter dem Halse herumfährt, dasselbe mit der linken Hand ergreift, und den Ärmel oben am Halse, und unten am Vorderarm zuknöpft..."
    Vielen Dank im Vorraus
    Uwe
  • Uwe Ehmke
    Neuer Benutzer
    Soldat
    • 02.10.2006
    • 18

    #2
    Noch was unklares:
    Bei der Haubitze gabs eine Puderdose mit der die Granate gepudert wurde bevor sie auf die Ladung im Rohr gesetzt wurde.
    Warum wurde die Gr. gepudert und mit was ?
    Hallo Ari.-Experten!!! wer weis das ?
    Grüsse
    Uwe

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    • Sans-Souci
      Erfahrener Benutzer
      Major
      • 01.10.2006
      • 1841

      #3
      Die Granate wurde ja bei der Haubitze von Hand eingesetzt, nicht, wie bei den Kanonen mit dem wesentlich längeren Rohr, mit dem Rammer das Rohr hinuntergeschoben.

      Da das Rohr nach dem ersten Schuß innen verdreckt war, nehme ich an, der Haubitzenärmel war eine Besonderheit in der württembergischen Armee: Ein Überzug, um den rechten Ärmel der Uniform vor dem Verschmutzen zu schützen.

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      • Sans-Souci
        Erfahrener Benutzer
        Major
        • 01.10.2006
        • 1841

        #4
        Die Puderdose enthält loses feines Schwarzpulver.

        Weswegen aber in Württemberg die Granate vor dem Laden nochmal mit Schwarzpulver bestreut wurde, weiß ich nicht.

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        • Henning
          Erfahrener Benutzer
          Sergent
          • 11.10.2006
          • 131

          #5
          Da das Rohr nach dem ersten Schuß innen verdreckt war, nehme ich an, der Haubitzenärmel war eine Besonderheit in der württembergischen Armee:
          Als württembergische Besonderheit würde ich diese Ärmel nicht bezeichnen. Im "Exercir=Reglement für das Königlich Sächsische Feld=Artillerie=Regiment zu Fuß" (Dresden 1811) heißt es: "No. 1 hat das Einführen der Grenadladung und Grenade zu besorgen. Hierzu erhält er ein paar leinwandene Ärmel, welche er anzieht."
          Gruß Henning
          Wenn man merkt, dass man auf einem toten Pferd sitzt, sollte man absteigen!

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          • Blesson
            Erfahrener Benutzer
            Adjudant
            • 03.10.2006
            • 778

            #6
            Einpudern: Wenn die Bombe in das Rohr der Haubitze gesetzt wurde, wurde die papierne Schutzhülle, aus der die Ludelfäden der Brandöhre ragten, abgezogen und zur Sicherheit mit (feinem) Mehlpulver eingepudert. Die Bombe wurde so gesetzt, daß der Zünder nach außen zeigte, und durch die Feuerlanze der Haubitze entzündet wurde. Dies ist das "Feuern mit einem Feuer", während das "Feuern mit 2 Feuern", also das separate Zünden der Bombe schon außer Gebrauch gekommen war, weil als unfallträchtig erkannt.

            Laden, Wer es schon einmal ausprobiert hat: bei einer 7- oder 9-pfündigen Haubitze reicht der Arm eines mittelgroßen Mannes gerade durch den Flug bis zur Kammer. Warum? Die Treibladung wurde separat in die Kammer gesetzt, erst dann wurde die Bombe in den Flug gebracht. Darum durfte der Flug bei dieser Ladeweise auch nicht länger sein....

            Sicherheit: Wenn die Ladung der Haubitzen vorzeitig zündete, dann gute Nacht für den Setzer. Also anders als bei Kanonen, wo der Setzer mit dem Rammer vielleicht nur ein paar Finger, schlimmstenfalls die Hand verlor.

            So oder ähnlich in den zeitgen. Artillerie-Handbüchern unter "Feuwerkerei" nachzulesen.

            LB
            Zuletzt geändert von Blesson; 01.07.2007, 22:06.
            Do, ut des

            http://www.ingenieurgeograph.de

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            • Uwe Ehmke
              Neuer Benutzer
              Soldat
              • 02.10.2006
              • 18

              #7
              Hm..das bringt mich doch schon ein gutes Stück weiter!
              Hier noch der Regl.-Text zum Einpudern:
              "Nr. 2 nimmt hierauf die Puderdose mit der rechten Hand aus ihrem Futteral, schlägt den Deckel ganz zurück, und hält ihn mit den Fingern der rechten Hand geöffnet, indem er den Boden der Dose umfaßt, und der Daumen auf der vorderen Fläche derselben aufliegt. Er bringt die Puderdose in den Flug, und bestreut durch einige schnelle Bewegungen das Brandrohr und die nach außen gekehrte Fläche der Granate..."

              Was ist den mit "in den Flug" bringen gemeint ???

              Dieses Werk wird wohl noch so einige Überraschungen bieten...
              Vielen Dank erstmal
              Uwe

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              • Blesson
                Erfahrener Benutzer
                Adjudant
                • 03.10.2006
                • 778

                #8
                Die Geschützöhren von Haubitzen und Mörsern gliedern sich immer in Kammer und Flug:

                1. Kammer für die Treibladung, welche einen weitaus kleineren Durchmesser als das Geschoß hat

                2. Flug für die Bombe oder Granate, Kaliber ab 7" aufwärts.

                Warum? Bei Wurfgeschützen mit großem Kaliber sind kleinere Treibladungen für die gekrümmte Flugbahn erforderlich als bei den Kanonen vergleichbaren Kalibers. Um die kleineren Treibladungen auf den Boden schieben zu können, braucht man kleineren Durchmesser, und voilà, man hat die Kammer.

                LB
                Do, ut des

                http://www.ingenieurgeograph.de

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                • HKDW
                  Erfahrener Benutzer
                  Colonel
                  • 02.10.2006
                  • 2962

                  #9
                  Höchst informativ, bravo

                  Kommentar

                  • Uwe Ehmke
                    Neuer Benutzer
                    Soldat
                    • 02.10.2006
                    • 18

                    #10
                    Ja echt mal wieder Super !!!!
                    Die Artillerie hat eben so seine Besonderheiten - interessant fand ich auch bei der Haubitze den Unterschied zwischen "Werfen" und "Schleudern" ....
                    Also - nochmal vielen Dank an den Ing.-Experten !

                    Hier noch ein Bild von restaurierten württ. 6-Pfd. Kanonen in Esslingen b. Stuttgart. Leider sieht jetzt alles zuuuuu neu aus. Die ohre stammen wohl noch von 1810. Die Laffeten sind leider nicht mehr komplett..Sitzbank und einige Beschläge fehlen....
                    Grüsse
                    Uwe
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                    • Blesson
                      Erfahrener Benutzer
                      Adjudant
                      • 03.10.2006
                      • 778

                      #11
                      Kleine Preisfrage zum Abschluß: Obwohl der Rammer (Setzkolben) bei Haubitzen offensichtlicht nicht zum Setzen der Bomben gedacht ist, wird beim Ladezeug der Haubitzen dennoch einer mitgeführt. Warum?
                      Zuletzt geändert von Blesson; 03.07.2007, 22:37.
                      Do, ut des

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                      • Sans-Souci
                        Erfahrener Benutzer
                        Major
                        • 01.10.2006
                        • 1841

                        #12
                        Da man auch die Katätschen von Hand einsetzt, würde ich davon ausgehen, daß ein Rammer (Ansetzkolben ?) völlig unnötig ist und nur irrtümlich in die Dir vorliegende Auflistung des Haubitzen-Geschützubehörs Eingang gefunden hat ?

                        Oder spielst Du darauf an, daß der Wischer und der Ansetzkolben bei der preußischen Artillerie (und sicherlich auch in anderen Artillerien) in einem Stück kombiniert waren - an einem Ende der Wischer, am anderen der Ansetzkolben ?

                        Ob der Wischer für die Haubitzen auch ein Ende mit Ansetzkolben hatte, weiß ich allerdings nicht, ich kenne keine Abbildungen.

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                        • Blesson
                          Erfahrener Benutzer
                          Adjudant
                          • 03.10.2006
                          • 778

                          #13
                          Tja, ich gebe ja zu, auch nicht die Antwort gewußt zu haben, aber:

                          in den pr. Spezifikationen d.J. 1816 und im Kameke 1812 finden sich übereinstimmend eine Kombination aus Setzkolben und Wischer bei den 7- und 10-pfündigen Haubitzen. Der Durchmesser beider entspricht immer der Kammer, niemals dem Flug.

                          Da nichts ohne Zweck in der Artillerie ist, dient der Setzkolben ganz offensichtlich nur zum Setzen der Ladung. Warum? Es ist wichtig, daß die Ladung im Treibsack ganz auf den Boden gepreßt wird, damit selbige mit der Räumnadel angestochen werden kann, um die Stoppine oder Schlagröhre in die Treibladung zu setzen. Ich bin mir sicher, daß sich auch eine Beschreibung im Reglement dazu finden lassen wird...

                          Es scheint außerdem das Auswischen der Kammer als ausreichend angesehen worden zu sein, da sich bekanntlich am Zündloch glühende Rückstände finden konnten, besonders bei ausgebrannten. Das Auswischen des Flugs war minder wichtig?

                          LB
                          Zuletzt geändert von Blesson; 03.07.2007, 22:54.
                          Do, ut des

                          http://www.ingenieurgeograph.de

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                          • Sans-Souci
                            Erfahrener Benutzer
                            Major
                            • 01.10.2006
                            • 1841

                            #14
                            Tatsächlich, das 1812er Reglement (S. 122 f.) sieht vor, daß die Kartusche bei den Haubitzen ebenfalls angesetzt wird, wie bei den Kanonen.

                            Auf derselben Seite, in §. 96., steht allerdings, daß auch der Flug der Haubitze von No. 1 ausgewischt wird, nicht nur die Kammer.

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                            • Da Capo
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                              Adjudant
                              • 23.10.2006
                              • 827

                              #15
                              Die Ladung wird mit der Hand in die Kammer gegeben und angesetzt – soso! Ist sicher für 99,9% aller Haubitzen auch richtig, wenn es da nicht eine Ausnahme bei den – na?, richtig!!!! - Sachsen gäbe.
                              Die Ausnahme heißt 4pfd. Granatstück, war von ihrem ganzen Wesen her eine Haubitze, allerdings mit einer Länge von 9 Bohrungen (5,442312 Zoll x 9 = 48,980808 Zoll oder knapp 1,16 m) zu lang, um die Ladung mit der Hand einzubringen.
                              Das Rohr hatte am Ende dieselbe Einrichtung (Klinke etc.) wie die leichten sächsischen 4-Pfünder (sh. bitte unter Diskussionspunkt „Laden des sächsischen 4-Pfünders“ hier im Forum).
                              Die Ladungen zu je 1 5/16 Pfund (und nicht 1 3/8 Pfund, wie Scharnhorst schreibt) waren (wie bei fast allen Haubitzen) einzeln. (Auch gab es bei den sächsischen Feld (= 4 und 8pfd.) –Haubitzen – im Gegensatz zu Preußen - nur jeweils eine Ladungsgröße.)
                              Daher ist zu vermuten, dass zuerst die Ladung ins Rohr „geworfen“ wurde und dann die Granate hinterher. Ein Ansetzen der Ladung kann ich mir beim fast 90gradigen Stellwinkel des Rohres nicht vorstellen. Evtl. erfolgte das Anpressen durch das Gewicht der Granate (?).
                              Mit Einführung der neuen Geschütze im Jahre 1811 wurde das Granatstück abgeschafft und die Sachsen luden ihre 8pfd. Haubitze wie alle anderen Nationen per Hand und mit übergezogenen Leinwandärmeln.
                              Wenn der Feind in Schußweite ist, bist Du es auch. Vergiss dabei nie, dass Deine Waffe vom billigsten Anbieter stammt.

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